Enjott Schneider

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Enjott Schneider, 2023

Enjott Schneider (* 25. Mai 1950 in Weil am Rhein als Norbert Jürgen Schneider[1]) ist ein deutscher Komponist, Musikwissenschaftler und Hochschullehrer.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schneider wuchs in Weil am Rhein auf.[2] In seiner Jugend erlernte er zahlreiche Instrumente, so unter anderem Violine, Klavier, Akkordeon, Trompete und Orgel. Im Alter von 19 Jahren wurde er Organist im elsässischen Hüningen und wirkte außerdem als Keyboarder in der Popgruppe Kaktus. Schneider studierte von 1969 bis 1977 Musiktheorie, Schulmusik, Orgel und Trompete an der Musikhochschule Freiburg sowie Musikwissenschaft, Germanistik und Linguistik an der Universität Freiburg und promovierte 1977 bei Hans Heinrich Eggebrecht zum Dr. phil. Von 1975 bis 1982 war er als Kirchenmusiker in Hinterzarten (Schwarzwald) tätig.[3]

Schneider hatte zunächst einen Lehrauftrag für Tonsatz und Musikwissenschaft an der Universität Freiburg inne. Von 1979 bis 2012 bekleidete er eine Professur an der Musikhochschule München, zunächst für Musiktheorie und ab 1996 für Filmmusik (Filmkomposition). 1993 lehrte er zudem am Staatlichen Filminstitut in Pune (Indien).[3] Von 2011 bis 2019[4] war er Dozent für Neue Musik/Komposition an der Hochschule für katholische Kirchenmusik und Musikpädagogik Regensburg.[3]

1988 richtete Schneider das Tonstudio Augenklang ein, das 1997 durch das Greenhouse Studio abgelöst wurde.

Schneider gehörte 2003 zu den Gründungsmitgliedern der Deutschen Filmakademie. Er ist außerdem Mitglied im Aufsichtsrat der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA), von März 2012 bis zu seinem Rücktritt 2017[5] als Vorsitzender. Auf seiner privaten Webseite fasst er seine Philosophie in dem Satz zusammen „Musik ist Kunst, – kontra Kommerz und Kapitalismus.“[6] In einem Blogeintrag erläutert er: Wenn „heute ‚geistiges Eigentum‘ infragegestellt wird, dann geht es nicht ‚nur‘ um Komponisten- oder GEMA-Probleme, sondern es ist ein Indikator[,] dass wir wieder zu feudalen und diktatorischen Mentalitätsstrukturen zurückfallen, – unsere Freiheit des Ausdruck[s] und der Meinung geht in der aggressiv-kapi[t]alistischen Reglementierung der Menschen durch Konzerne, internationalisiertes Kapital und Profitmaximierung zugrunde.“[7]

2013 wurde Schneider zum Präsidenten des Deutschen Komponistenverbands gewählt.[8] Im September 2020 trat er aus gesundheitlichen Gründen von dieser Position zurück.[9]

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schneiders kompositorisches Schaffen umfasst ein breites Spektrum: Werke für Orchester, Orgel, Kammermusik sowie Vokal- und Bühnenwerke sowie Kompositionen für Film und Fernsehen. Seine zahlreichen Veröffentlichungen befassen sich mit Musiktheorie, Musikpädagogik, Neuer Musik und Musik in audiovisuellen Medien.

Kompositionen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Musik für Kinofilme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Musik für Fernsehfilme und -serien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Musik für Dokumentarfilme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 2002: Stalingrad – Der Angriff / Stalingrad – Der Kessel / Stalingrad – Der Untergang
  • 2004: Das Wunder von Bern. Die wahre Geschichte
  • 2004: Hitlers Helfer: Gustav und Alfried Krupp. Die Waffenschmiede
  • 2004: Das Große Drama von Dresden
  • 2006: Das Verflixte Dritte Tor – Wembley 1966: Die Wahre Geschichte
  • 2006: Stalingrad
  • 2007: Der Olympia-Mord. München72 – Die wahre Geschichte
  • 2007: Majestät! Die Deutsche und der König: Silvia und Carl Gustaf von Schweden
  • 2008: Franz Josef Strauß – eine deutsche Geschichte
  • 2008: Deichmann – Auf leisen Sohlen zum Erfolg
  • 2008: Das göttliche Paar: Bhumipol und Sirikit von Thailand
  • 2009: KRUPP – Mythos und Wahrheit
  • 2009: Daniel Westling – Der Prinz von Ockelbo
  • 2009: Wunder von Leipzig: Wir sind das Volk
  • 2009: Das Weltreich der Deutschen
  • 2010: Ein Prinz für Victoria
  • 2011: Königliche Affären: Carl Gustaf und die Schweden
  • 2012: Drei Leben: Axel Springer – Verleger – Feindbild – Privatmann

Bühnenwerke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Das Salome-Prinzip (1983)
  • Albert warum?, Kammeroper für sieben Sänger, Zuspielelektronik und neun Instrumentalisten (1998)
  • Diana – Cry for Love, Memorial für Soli, Chor, Ballett und Orchester (2001/02)
  • Bahnwärter Thiel, Oper in acht Bildern nach der gleichnamigen novellistischen Studie von Gerhart Hauptmann (2003)
  • nullvier – keiner kommt an Gott vorbei, Musical zum 100. Jubiläum des Fußballvereins FC Schalke 04
  • Fürst Pückler – Ich bin ein Kind der Fantasie, Oper in zwei Akten (2005)

Orchesterwerke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Evolution, Konzert für Klavier und Orchester (1991)
  • Teatrissimo, Ratatouille für Orchester (1997)
  • Glocken-Sinfonie, „Lied an das Leben“ (1. Sinfonie) nach Texten aus dem Konzentrationslager Buchenwald (1998/99)
  • Sisyphos (Sinfonie Nr. 2) (2000)
  • Vivaldissimo, Konzert für zwei Trompeten, Streichorchester und Cembalo (2000)
  • Echo, Konzert für Orgel und Streichorchester (2002)
  • Veränderungen, Konzert für Sheng und Orchester (2002/03)
  • The Tinguely Machine for 12 brass players and symphonic orchestra (2004)
  • At the Edge of Time, Reflections on Mozarts Requiem KV 626 (2006)
  • Hiob, Konzert für Orgel und Orchester (2007)
  • Ikarus, Desire for Light, Concert for Piccolo Trumpet and Symphony Orchestra (2016) (geschrieben für Otto Sauter, World Ring Premiere: Opera Manaus, Brazil/ Philharmony Kiev and Dnipro Ukraine)

Geistliche Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Vertonung des Sonnengesangs des Franz von Assisi für gemischten Chor, Uraufführung 2008 in Inkamana (Südafrika), deutsche Erstaufführung 2008 im Regensburger Dom, beide Male gesungen von den Regensburger Domspatzen
  • Oratorium Augustinus für Soli, Chor und Orchester, Uraufführung 2009 in der Pfarrkirche St. Augustin Ingolstadt
  • Dominus resurrexit et ascendit, Oratorium zu Ostern und Himmelfahrt, Uraufführung 2011 in der Pfarrkirche St. Pantaleon Köln
  • Missa Brevis Surrexit Christus
  • Sieben letzte Worte Jesu für Chor und Ensemble[10] 2013 in Nürnberg, St. Sebald
  • Oratorium Ordo Amoris für Sopran, Tenor, Chor und Orchester, nach Texten des Bernhard von Clairvaux (2014)
  • Oratorium ABUBU-Die Sintflut für Soli, Chor und Orchester nach Texten und Übersetzungen von Stefan Maul. Uraufführung 2023 in der Aula der Neuen Universität Heidelberg[11]

Sonstige Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Toccata „Schlafes Bruder“ für Orgel (Musik zur Verfilmung des Romans Schlafes Bruder von Robert Schneider, 1994)
  • Ali und der Zauberkrug, Ein musikalisches Märchen für Kinder, Text nach einem afrikanischen Märchen eingerichtet von Peter Andersen (2002)
  • Begleitmusiken zu einigen Silhouettenfilmen wie Dr. Doolittle und seine Tiere, Cinderella – Aschenputtel, Thumbelina – Däumelinchen, Puss-in-Boots – Der gestiefelte Kater
  • Der Ring des Nibelungen Bearbeitung und Erweiterung der Opernmusik von Richard Wagner für die zweistündige Sprechtheaterfassung der Augsburger Puppenkiste (2018)

Publikationen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Kirchenmusik – Eine Kunstform stirbt aus? In: GEMA-Nachrichten, November 2005 (Ausgabe 172), S. 16–21 wiederveröffentlicht in: Forum Kirchenmusik, Mai–Juni 2006.
  • Komponieren für Film und Fernsehen. Schott-Verlag 1997. 3. Aufl. 2005, ISBN 3-7957-8708-4.
  • Die Kunst des Teilens. Zeit – Rhythmus – Zahl. 1991.
  • Handbuch Filmmusik II. Musik im dokumentarischen Film. Ölschläger, München 1989, ISBN 3-88295-132-X.

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jürgen Geiger, Dorothea Hofmann, Matthias Keller, Franzpeter Messmer: Enjott Schneider, Allitera Verlag 2020 (Komponisten in Bayern; 66), ISBN 978-3-96233-236-5.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Munzinger: Komponisten der Gegenwart. Datenbank (abgerufen am 3. November 2014).
  2. Weiler Zeitung: Weil am Rhein: Mehr als 500 Filmmusiken komponiert - Verlagshaus Jaumann. 18. Oktober 2014, abgerufen am 12. September 2023.
  3. a b c Enjott Schneider. In: Schott Music. Abgerufen am 12. September 2023.
  4. Studienführer der Hochschule für katholische Kirchenmusik und Musikpädagogik Regensburg 2011–2012 bis 2018–2019 (Online zum Download)
  5. GEMA-Mitgliederversammlung – Enjott Schneider vom Amt zurückgetreten. nmz.de vom 24. Mai 2017, abgerufen am 28. Mai 2017
  6. Enjott Schneider: Enjott Schneider…. Website von Enjott Schneider, abgerufen am 27. Dezember 2013.
  7. Enjott Schneider: Keine Freiheit ohne Urheberrecht!!! Website von Enjott Schneider, 22. August 2012. Abgerufen am 27. Dezember 2013.
  8. Deutscher Komponistenverband unter neuer Leitung und mit neuem Look@1@2Vorlage:Toter Link/komponistenverband.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Dezember 2023. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.. Deutscher Komponistenverband, 30. Juni 2013. Abgerufen am 27. Dezember 2013.
  9. MORITZ EGGERT ZUM NEUEN PRÄSIDENTEN DES DKV GEWÄHLT. In: Deutscher Komponistenverband. Abgerufen am 19. Juli 2023 (deutsch).
  10. SIEBEN LETZTE WORTE JESU. Abgerufen am 16. März 2024.
  11. Welturaufführung eines Oratoriums: ABUBU – Die Sintflut. In: myscience.de, 14. Februar 2023, abgerufen am 19. Februar 2023.
  12. Deutscher Filmmusikpreis für Enjott Schneider. In: klassik.com. 9. Oktober 2019, abgerufen am 9. Oktober 2019.