Ursula von Köln

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St. Ursula als Schutzmantelfigur (1465)

Die heilige Ursula von Köln soll im 4. Jahrhundert gelebt haben. Da ihr Leben jedoch nicht in zeitgenössischen Quellen bezeugt ist, gilt sie heute allgemein als reine Legendenfigur ohne historische Existenz. Als erste Erwähnung gilt eine Inschrift aus dem 5. Jahrhundert, die in der Kirche St. Ursula zu Köln aufbewahrt wird.

Legende[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Martyrium der hl. Ursula und ihrer Gefährtinnen (16. Jahrhundert)

Nach den mittelalterlichen Legenden stammte Ursula aus der Bretagne und lebte im 4. Jahrhundert († angeblich 383). Nach der Legenda aurea soll die bretonische Königstochter Ursula Aetherius, den Sohn des heidnischen Königs von England heiraten. Sie willigte ein, stellte allerdings drei Bedingungen, die der Bräutigam auch erfüllte: Innerhalb einer Frist von drei Jahren sollte Prinz Aetherius getauft werden; eine Schar von zehn Gefährtinnen und weiteren 11.000 Jungfrauen sollte zusammengestellt und eine gemeinsame Wallfahrt nach Rom unternommen werden.

Die Pilgerfahrt führte per Schiff nach Basel und von dort auf dem Landweg nach Rom. Dort schlossen sich der Pilgergesellschaft der (historisch nicht belegte) Papst Cyriacus sowie einige Bischöfe und Kardinäle an. In einem Traum wurde Ursula das Martyrium verkündigt. In Köln wurden alle Pilger von den Hunnen getötet, die die Stadt belagern. Der Prinz der Hunnen verliebte sich allerdings in Ursula und bot ihr an, sie zu verschonen und zu heiraten. Als sie ablehnte, tötete er sie durch einen Pfeilschuss und ebenso alle ihre Begleiterinnen. Zu Ursulas Begleiterinnen zählten die heilige Cordula, die sich beim Angriff der Hunnen zunächst versteckte, sich dann jedoch auch dem Martyrium stellte, ebenso Aukta und Odilia von Köln.

Überlieferung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kirche St. Ursula zu Köln (2005)

Die Legende ist in vielen Versionen erhalten, die vom 9. bis ins 13. Jahrhundert immer weiter ausgeschmückt wurden. Als erster Beleg gilt eine Inschrift aus dem 5. Jahrhundert, die in der Kirche St. Ursula zu Köln aufbewahrt wird. Die Echtheit dieser Inschrift, in der weder der Name Ursulas noch die Anzahl der Jungfrauen erwähnt werden, ist nicht gesichert. Der Name der Königstochter Ursula wird erst um 970 in der Passio Ursulae erwähnt, angeblich aufgrund von Auskünften des Erzbischofs Dunstan von Canterbury. Eine ältere Quelle nennt eine britische Prinzessin Winnosa oder Pinnosa als Anführerin der Truppe. Später wurde diese zur Tochter eines Herzogs herabgesetzt, während ihr Körper nach Essen transferiert wurde. Die Ursula-Legende spielt auch eine wichtige Rolle in Gottfried Hagens Reimchronik der Stadt Köln.

Die Zahl 11.000 geht möglicherweise auf einen Lesefehler zurück. In den frühen Quellen ist gelegentlich von nur elf Jungfrauen die Rede. Deshalb wurde vermutet, dass die Angabe „XI.M.V.“ statt als „11 martyres virgines“ fälschlich als „11 milia virgines“ gelesen wurde. Allerdings berichtet Wandalbert von Prüm bereits 848 über Tausende (millia) von getöteten Heiligen.[1]

1121 wurden erstmals planmäßige Reliquiengrabungen im Umfeld der Kirche von Bischof Norbert von Xanten durchgeführt. Ihm wurden durch nächtliche Visionen die Ruhestätten der Begleiterinnen der hl. Jungfrauen offenbart. Dabei wurden zahlreiche Gräber freigelegt und Gebeine als Reliquien gehoben. Zahlreiche Berichte von Visionen und Translationen von Gebeinen der Heiligen legitimieren dabei die Reliquien. Eine weitere Grabung wurde zwischen 1155 und 1164 durch die Deutzer Benediktiner im Auftrag von Erzbischof Arnold II. durchgeführt. Dabei fanden sich neben Frauen-Gebeinen auch Männer- und Kinder-Gebeine.

Eine Liste, angelegt vom Kustos des Deutzer Benediktinerklosters, Theoderich von Deutz, verzeichnet die Märtyrer, nach Geschlecht getrennt, in deren Gräbern angeblich noch die Tituli (Grabinschriften) samt Namen aufgefunden worden waren. Heute lassen sich die meisten Tituli als Fälschungen erweisen, bei denen die Namen und Ortsangaben aus der zweiten Passio Ursulae stammen. Aber auch echte Tituli tauchten auf, darunter eine spätmerowingische, die das Grab des Aetherius angibt.

Um Aetherius Zugehörigkeit zu den Jungfrauen zu legitimieren und die gefälschten Tituli beglaubigen zu lassen, nahmen die Deutzer Benediktiner Kontakt zum Benediktinerkloster Schönau auf, um die Tituli der Benediktinerin Elisabeth von Schönau (1129–1164) vorzulegen. Elisabeth war für ihre Visionen und Offenbarungen bekannt, die ihr in Anfällen durch Gespräche mit der Jungfrau Maria, einem Engel und Heiligen zuteilwurden. Elisabeth hat Widersprüche und Brüche, die die neuen Reliquien aufwerfen mussten, geschickt geglättet und erklärt. Zum Beispiel taucht in den Listen der Deutzer Benediktiner ein Papst Cyriacus auf, der allerdings in keiner Papstliste verzeichnet ist.

Elisabeth erklärt diesen Umstand damit, dass sein Name aus allen Papstlisten gelöscht worden sei, weil er seine hohe Position aufgegeben hatte, um mit denen zu gehen, die den päpstlichen Beratern lediglich als eine Gruppe verwirrter Frauen schienen. Außerdem habe eben jener Papst das Martyrium erst drei Tage nach allen anderen erlitten, damit er noch zahlreiche Tituli für die Märtyrer und Märtyrerinnen fertigen konnte. Die Legende wurde dahingehend erweitert, dass der Verlobte von Ursula, Aetherius, ihr mit seinem Gefolge (deswegen nun Männer und Kinder) entgegenreiste, und mit ihr zusammen vor Köln das Martyrium erlitt. Der Reliquienschrein des Aetherius steht auch heute noch neben dem von Ursula im Chor der Kirche St. Ursula.

Die Legende der heiligen Jungfrauen und die Verbreitung ihrer Reliquien fand bereits im 12. Jahrhundert über ganz Europa statt. Da nun aber sehr viele Gebeine gefunden wurden, die durch die Legende und von Elisabeth von Schönau als Märtyrer bezeugt wurden, wurde das Gräberfeld um die Stiftskirche einer der ergiebigsten Reliquienfundorte nördlich der Alpen.[2][3]

Verehrung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ordensgemeinschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Patrozinien und Heraldik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wappen der Britischen Jungferninseln

Es gibt zahlreiche Ursulakirchen und St.-Ursula-Schulen.

Die heilige Ursula ist Patronin von Köln und Offenburg.

Gedenktag[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 21. Oktober ist Ursula zu Ehren ein nichtgebotener Gedenktag im Regionalkalender für das deutsche Sprachgebiet, jedoch Hochfest in Köln. Aus dem Allgemeinen Römischen Kalender wurde das Fest der hl. Ursula 1970 gestrichen.

Für ihren Gedenktag existieren zahlreiche Bauernregeln.

  • Zu Ursula muss das Kraut herein, sonst wird’s noch lange draußen sein.
  • Lacht Ursula mit Sonnenschein, wird wenig Schnee vorm Christfest sein.
  • An Ursula muss das Kraut herein, sonst schneien Simon und Judas (28. Oktober) drein.

Ikonographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hans Memling: Ursulaschrein (vor 1489; Memlingmuseum, Brügge)
Vittore Carpaccio: Der Traum der heiligen Ursula (um 1495; Gallerie dell’Accademia, Venedig). Rechts im Bild der Engel, der ihr das Martyrium verkündet.

Ursulas ikonographische Attribute sind der Pfeil und das Schiff. Für die Gefährtinnen können Lichter (Kerzen oder Lampen) stehen. Mittelalterliche Darstellungen zeigen Ursula als Schutzmantelfigur, die die Jungfrauen unter ihrem Mantel beherbergt.

Die Vita der hl. Ursula wurde in der bildenden Kunst u. a. dargestellt:

Häufig sind wichtige Stationen des Lebens der heiligen Ursula als Zyklus dargestellt: Muttergottes und die heilige Ursula (Museum Schnütgen)

Im Rahmen der Neukonzeption des Skulpturenprogramms des Kölner Rathausturms in den 1980er Jahren wurde Ursula durch eine Figur von Rainer Walk im vierten Obergeschoss auf der Nordseite des Turms geehrt.[5]

Bearbeitungen der Ursula-Legende in der Kunst[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der italienische Komponist Carlo Agostino Badia (1672–1738) arbeitete eng mit dem Ursulinenkloster in Wien, das unter kaiserlichem Patronat stand, zusammen. Am 21. Oktober 1694, am Festtag der Heiligen, wurde sein Oratorio di Sant’Orsola uraufgeführt.[6] Dieses Werk geriet lange in Vergessenheit und wurde im Oktober 2021 im Kloster Mariastein wieder gespielt.[7]

In der von Achim von Arnim und Clemens Brentano zusammengestellten Volksliedsammlung Des Knaben Wunderhorn wird in dem Bayerischen Volkslied Der Himmel hängt voll Geigen (Wir genießen die himmlischen Freuden …) in der letzten Strophe die Ursula-Legende aufgegriffen:

Kein Musik ist ja nicht auf Erden,
Die unsrer verglichen kann werden,
Eilftausend Jungfrauen
Zu tanzen sich trauen,
Sankt Ursula selbst dazu lacht …[8]

Dieses Lied vertonte Gustav Mahler im Schlusssatz seiner 4. Sinfonie.

Für den Hessentag 2011 wurde Ursula – Das Hessentagsmusical geschrieben und inszeniert. Sowohl professionelle Künstler wie Fabian Vogt oder Daniel Baginski als auch zahlreiche Ehrenamtliche wirkten daran mit.[9]

Zeitgleich wurde in Köln das Musical 11.000 Tränen – Ursula reloaded produziert und beim 7. Ökumenischen Kirchenmusikfestival Köln im Oktober 2011 uraufgeführt. Es wurde von Schülerinnen des Ursulinengymnasiums Köln verfasst und in Zusammenarbeit mit einer Gruppe Kölner Kirchenmusiker (u. a. Matthias Haarmann, Thomas Roß, Dirk-Johannes Neumann, Thomas Gebhardt) vertont, inszeniert und aufgeführt.[10] Weitere Aufführungen erfolgten 2013 und 2017.

Peter Gerloff textete und komponierte das dreistrophige Kirchenlied Ursula über die heilige Ursula und ihre Gefährtinnen.[11] Belletristisch aufgearbeitet wurde der Ursula-Stoff in den Romanen Ursula’s Maiden Army von Philip Griffin (2004; deutsch: Das Heer der Jungfrauen, 2005) und Brennende Seelen – Roman um St. Ursula von Günter Krieger (2005). Auch der Urban-Fantasy-Roman Miriamslied von Stefan Blankertz (2011) bedient sich Elementen der Ursula-Legende. In seinem 2012 erschienenen Buch Elftausend Jungfrauen machte Ralf König Ursula zur Comicfigur.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Oskar Schade: Die Sage von der heiligen Ursula und den elftausend Jungfrauen: Ein Beitrag zur Sagenforschung. 3. Auflage. Rümpler, Hannover 1854 (Digitalisat).
  • Johann Hubert Kessel: St. Ursula und ihre Gesellschaft, 1863.
  • J. Klinkenberg, 'Studien zur Geschichte der Kölner Märterinnen', in: Jahrbücher des Vereins von Altertumsfreunden im Rheinlande 88, 1889, S. 79–95, 89, 1890, S. 105–134, 93, 1892, 130–179.
  • Wilhelm Levison: Das Werden der Ursula Legende, In: Bonner Jahrbücher 132, 1928, S. 1–164.
  • G. Wegener: Geschichte des Stiftes St. Ursula in Köln. Köln 1971.
  • W. Schmitz: Zum Ursprung der Ursulalegende: Die Inschrift des Clematius. In: Wolfgang Rosen, Lars Wirtler (Hg.): Quellen zur Geschichte der Stadt Köln, Band 1: Antike und Mittelalter von den Anfängen bis 1396/97. Köln 1999, S. 53–58.
  • Klaus Gereon Beuckers: Die heilige Ursula von Köln – Idealtypus einer Schiffswallfahrerin? Bemerkungen anhand des Kleinen und des Großen Ursula-Zyklus aus der Mitte des 15. Jahrhunderts in Köln. In: Hartmut Kühne, Christian Popp (Hrsg.): Pilgern zu Wasser und zu Lande (=Jakobus-Studien, Bd. 24), Tübingen 2022, S. 181–205.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Hl. Ursula – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Levison: Werden der Ursula-Legende.
  2. Guido Wagner: Vom Knochenfund zum Martyrium der 11000 Jungfrauen. Wurzeln und Entwicklung der Ursula-Legende und ihre Bedeutung für Köln als »Sacrarium Agrippinae«. In: Geschichte in Köln. Band 48, Nr. 1, 1. Januar 2001, ISSN 2198-0667, doi:10.7788/gik.2001.48.1.11 (degruyter.com [abgerufen am 14. Juni 2019]).
  3. S. Ristow: Frühes Christentum im Rheinland. Die Zeugnisse der archäologischen und historischen Quellen an Rhein, Maas und Mosel. Münster 2007, S. 111–116.
  4. A. Sparber: Aus der Geschichte der Völser Pfarrgemeinde im Eisacktal. Bozen 1930, S. 18, erwähnt in Anm. 61 den Völser Kirchenkalender von 1518, der im Brixner Konsistorialarchiv, Lade 5, erhalten ist.
  5. stadt-koeln.de: Skulpturen des vierten Obergeschosses, abgerufen am 15. Januar 2015.
  6. https://www.kirche-heute.ch/blog/eine-musikalische-entdeckung/
  7. https://www.nau.ch/ort/therwil/im-kloster-mariastein-findet-ein-konzert-statt-66021367
  8. Zitiert nach: Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder gesammelt von L. Achim von Arnim und Clemens Brentano. Winkler Verlag, München 1980, ISBN 3-538-06560-8, S. 208.
  9. Webseite zu „Ursula – Das Hessentagsmusical“
  10. https://www.yumpu.com/de/document/read/3825604/programmubersicht-faltblatt-musicks-handmaide-ev
  11. Den Glauben singen