Ketoconazol

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Strukturformel
Ketoconazol, ein 1:1-Gemisch der Stereoisomere (2S,4R)-Ketoconazol (oben) und (2R,4S)-Ketoconazol (unten)
Allgemeines
Freiname Ketoconazol
Andere Namen
  • (2RS,4SR)-1-(4-{4-[-2-(2,4-Dichlorphenyl)-2-(imidazol-1-ylmethyl)-1,3-dioxolan-4-ylmethoxy]phenyl}piperazin-1-yl)ethanon (IUPAC)
  • (±)-cis-1-Acetyl-4-{4-[cis-2-(2,4-Dichlorphenyl)-2-(1-imidazolylmethyl)-1,3-dioxolan-4-ylmethoxy]phenyl}piperazin
  • Ketoconazolum (Latein)
Summenformel C26H28Cl2N4O4
Kurzbeschreibung

weißes bis fast weißes Pulver[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 65277-42-1
EG-Nummer 265-667-4
ECHA-InfoCard 100.059.680
PubChem 3823
ChemSpider 3691
DrugBank DB01026
Wikidata Q407883
Arzneistoffangaben
ATC-Code
Wirkstoffklasse

Antimykotikum

Wirkmechanismus

Hemmung der Biosynthese des Ergosterols der Pilze

Eigenschaften
Molare Masse 531,43 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

146 °C[2]

Löslichkeit

praktisch unlöslich in Wasser, leicht löslich in Dichlormethan, löslich in Methanol, wenig löslich in Ethanol[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[4] ggf. erweitert[3]

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301​‐​360F​‐​373​‐​410
P: 201​‐​273​‐​301+310+330[3]
Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Ketoconazol ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Imidazole, der zur Vorbeugung und Behandlung von Pilzerkrankungen der Haut verwendet wird.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ketoconazol wurde 1978 von Janssen-Cilag patentiert[5] und Anfang der 80er Jahre in den Handel gebracht. Es war das erste oral anwendbare Antimykotikum.

Anwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Medikament wird besonders bei Personen mit einer Erkrankung des Immunsystems wie AIDS oder Infektionen aufgrund von Autoimmunerkrankungen eingesetzt. Beispiele für mit dem Medikament behandelbare Erkrankungen sind das Seborrhoische Ekzem oder die Pityriasis versicolor (Kleienpilzflechte).

Ketoconazol wird beispielsweise in Anti-Schuppen-Shampoos verwendet. Es gibt verschieden starke Dosierungen des Mittels. Das Shampoo kann wie ein normales Shampoo benutzt werden, wenn es nach der Anwendung gründlich ausgespült wird. Im Rahmen einer Schwangerschaft sollte sicherheitshalber auf die Anwendung verzichtet werden, da im Tierversuch eine Fruchtschädigung bei hohen Dosierungen auftrat.

Ketoconazol ist apothekenpflichtig; Arzneiformen zur systemischen Anwendung (Tabletten) sind zudem in den meisten Ländern rezeptpflichtig.[6]

Ebenso wird Ketoconazol angewendet bei Morbus Cushing. Es hemmt die Produktion von Cortisol und kommt zum Einsatz, wenn operative Maßnahmen nicht möglich sind.

Wirkungsweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ketoconazol verhindert die Produktion von Ergosterol, das den Hauptbestandteil der Zellmembran der Erreger darstellt. Die Wirkungsweise beruht auf der Hemmung von Cytochrom P450 abhängigen Enzymen,[7] woraus sich sowohl die Hepatotoxizität als auch die Nutzung bei Morbus Cushing erklären lässt. Die Synthese von NNR-Hormonen (z. B. Cortisol) benötigt an mehreren Stellen von Cytochrom P450 abhängige Enzyme.

Behandelbare Erreger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ketoconazol verhindert das Wachstum von Dermatophyten und von Hefepilzen wie Candida albicans. Resistenzen gegen Ketoconazol sind bei einigen Candida albicans-Stämmen bekannt.

Nebenwirkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Europäische Arzneimittel-Agentur will die oralen Ketoconazole aufgrund der starken Leberschädigung verbieten.[8][9] Die FDA gibt im Gegensatz dazu nur Warnhinweise zur Verwendung oraler Ketoconazole heraus.[10]

Ketoconazol in oraler Form ist aufgrund seiner Eigenschaft als Hemmer der Cytochrom-P450-Enzyme in der Nebenniere ein starker Hemmer der Cortisolsynthese. Ferner hat Ketoconazol direkte Auswirkungen auf kortikotrope Tumorzellen bei Patienten mit Cushing-Syndrom. Ketoconazol in oraler Form ist kontraindiziert bei Patienten mit akuten oder chronischen Lebererkrankungen oder wenn die Leberenzymwerte bei Behandlungsbeginn um mehr als das Zweifache über der Obergrenze des Normwerts liegen. Eine Behandlung damit darf nicht fortgeführt werden, wenn Symptome einer Hepatitis vorliegen oder die Leberenzymwerte auf das Dreifache der Obergrenze der Normwerte ansteigen.[11]

Der Mechanismus der Schädigung der Leber infolge der Einnahme von Ketoconazol ist nicht vollständig geklärt. Aufgrund des Risikos von Hepatotoxizität wurde im Oktober 2013 die Marktzulassung für orales Ketoconazol als Antimykotikum suspendiert.[11]

Aufgrund seiner Nebenwirkungen wird Ketoconazol vermehrt durch neuere Fungizide ersetzt, wie beispielsweise Fluconazol und/oder Itraconazol.

Chemische Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ketoconazol ist ein weißes bis gelbliches Pulver mit einer Schmelztemperatur von 146 °C. Es ist stark lipophil und sehr wenig löslich in Wasser. Es ist ein Imidazolderivat und gehört allgemein zur Gruppe der Azol-Fungizide.

Stereoisomerie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aus der Strukturformel von Ketoconazol ist erkennbar, dass das Molekül am 1,3-Dioxolan-Ring zwei Stereozentren in der 2- und in der 4-Position enthält. Theoretisch gibt es also folgende vier Stereoisomere: Die (2S,4R)-Form und die dazu spiegelbildliche (2R,4S)-Form sowie die (2S,4S)-Form und die dazu spiegelbildliche (2R,4R)-Form. Als Arzneistoff wird ein Racemat (1:1-Gemisch) der zueinander enantiomeren (2S,4R)-Form und der (2R,4S)-Form eingesetzt, das auch als racemische cis-Form oder (±)-cis-Form bezeichnet wird.

Die (2R,4R)-Form sowie die (2S,4S)-Form haben keine praktische Bedeutung.

Handelsnamen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Monopräparate
  • Nizoral (CH, D), Terzolin (D), Ket (D), Ketozolin (D), Fungoral (A), Lur (CH), Ninazol (Th)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Europäische Arzneibuch-Kommission (Hrsg.): EUROPÄISCHE PHARMAKOPÖE 5. AUSGABE. Band 5.0–5.8, 2006.
  2. Eintrag zu Ketoconazole in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar)
  3. a b Eintrag zu Ketoconazol in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 8. Januar 2021. (JavaScript erforderlich)
  4. Eintrag zu Ketoconazole im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  5. a b c d e Eintrag zu Ketoconazol. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 8. Januar 2015.
  6. ABDA-Datenbank.
  7. D. S. Loose, P. B. Kan, M. A. Hirst, R. A. Marcus und D. Feldman: Ketoconazole blocks adrenal steroidogenesis by inhibiting cytochrome P450-dependent enzymes. J Clin Invest. 1983; 71(5): S. 1495–1499. doi:10.1172/JCI110903. PMC 437014 (freier Volltext).
  8. European Medicines Agency recommends suspension of marketing authorisations for oral ketoconazole
  9. Informationsbrief zu Ketoconazol 200 mg Tabletten (Nizoral®-Tabletten) (PDF; 70 kB) Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft vom 22. August 2013.
  10. FDA Drug Safety Communication: FDA limits usage of Nizoral (ketoconazole) oral tablets due to potentially fatal liver injury and risk of drug interactions and adrenal gland problems
  11. a b HRA Pharma Deutschland: Rote-Hand-Brief zu Ketoconazole HRA® (Ketoconazol): Risiko von Hepatotoxizität. (PDF) Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, abgerufen am 25. Mai 2015.