Benutzer:GrünTePek/MIneralwasser

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Belastung mit anthropogenen Substanzen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anthropogen bezeichnet alles durch den Menschen Entstandene oder Verursachte, so auch Substanzen, die der Mensch in den natürlichen Wasserkreislauf einbringt. Mineralwasserquellen sind Teil des natürlichen Wasserkreislaufs, weswegen über kurz oder lang oberirdisch ausgebrachte Substanzen auch in die Tiefenwässer einsickern: In immer mehr Mineralbrunnen sind Reste von Düngemitteln, in erster Linie Nitrat, Pestizide, Abbauprodukte von Pestiziden (sogenannte Metabolite) sowie künstliche Süßstoffe nachweisbar. Trinkwasser stammt in der Regel aus oberflächennäheren Quellen als Mineralwasser, weshalb diese Stoffe in Trinkwasserbrunnen in wesentlich größerem Umfang nachweisbar sind.[1]

Agrarische Substanzen (Pestizide, Metabolite)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fachleute unterscheiden „nicht relevante“ und „relevante“ Metabolite von Pestiziden: Zersetzungsprodukte, bei denen keine Aktivität mehr feststellbar ist und die – nach heutiger Kenntnis – toxikologisch unbedenklich für Gesundheit und Umwelt sind, gelten als nicht relevant (diese Beurteilung trifft das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit bei der Zulassung des Pestizids). Diese Substanzen gelten zwar für sich genommen als gesundheitlich unbedenklich, zum Teil können sie im Zusammenspiel mit anderen Substanzen jedoch gesundheitsschädlich sein: So bildet beispielsweise N,N-Dimethylsulfamid (DMS, ein Abbauprodukt des Pilzbekämpfungsmittels Tolylfluanid) in Wechselwirkung mit Ozon (darf für die Enteisenung des Mineralwassers benutzt werden, wird in der Trinkwasserbehandlung öfters eingesetzt), krebserregende Nitrosamine.[2] Nach dem derzeitigen deutschen Verständnis und Handlungsgrundlage einiger Behörden steht der Nachweis derartiger Substanzen im Widerspruch zum Anspruch der "ursprünglichen Reinheit": Er belegt, dass die Mineralwasserqualität bereits durch menschliche Einflüsse an Qualität eingebüßt hat. Die Sächsische Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen schrieb dazu schon 2009: "Sogenannte nicht relevante Metabolite ... werden vom Arbeitskreis als anthropogene Verunreinigungen angesehen. Bei ihrem Vorhandensein ist die ursprüngliche Reinheit eines Mineralwassers nicht mehr gegeben."[3]

Grenzwerte und Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Trotz dieser seit Jahren bekannten Problematik gibt es in der Mineral- und Tafelwasserverordnung keine verbindlichen Grenzwerte für Pestizide und ihre Metabolite; lediglich die Allgemeine Verwaltungsvorschrift über die Anerkennung und Nutzung von natürlichem Mineralwasser (AVV)[4] enthält Orientierungswerte: Mehr als 0,05 µg/l Pestizide sollen danach nicht in Mineralwasser enthalten sein. Auch im Trinkwasser-Recht sind die nicht relevanten Metabolite derzeit nicht reglementiert, werden aber durchaus als "trinkwasserrelevant" bewertet. Die Zeitschrift Ökotest hat im Juli 2011 105 Mineralwässer getestet: In 30 Prozent der Wässer wurden Pestizidmetabolite gefunden, in 17 Produkten sogar in Mengen über 0,05 µg/l.[5]

Konsequenzen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die staatliche Lebensmittelüberwachung entscheidet bei derartigen Funden vom Menschen verursachter Verunreinigungen im Mineralwasser über das Weiterbestehen der amtlichen Anerkennung als natürliches Mineralwasser. Mineralbrunnenbetriebe können ihrerseits versuchen, durch besseren Brunnenausbau den Zulauf von belastetem Wasser zu verhindern. Schlimmstenfalls müssen einzelne Quellen aus der Nutzung herausgenommen werden – was z.B. in Baden-Württemberg bereits 2009 geschehen ist.[6] Der Versuch der Lebensmittelüberwachung Baden-Württemberg, einem belasteten Mineralbrunnen die amtliche Anerkennung zu entziehen, ist vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart jedoch gescheitert: Das Gericht hat europäisches Recht als vorrangig gewertet, das keine chemisch definierte ursprüngliche Reinheit als Mineralwasseranforderung kennt. Der Verband Deutscher Mineralbrunnen (VDM) sieht die Mineralwassereigenschaft durch nicht relevante Metabolite ebenfalls nicht gefährdet: Da die Substanzen gesundheitlich unbedenklich seien, stellten sie keine Verunreinigung dar; zudem seien zu viele Brunnen betroffen, um eine „Nulltoleranz“ zu fordern.[7] Die Qualitätsgemeinschaft Biomineralwasser e.V. sieht dies anders und hat von Experten und einem Biozertifizierungsunternehmen ein Biosiegel für Mineralwasser entwickeln lassen: Nur Mineralwässer, die strengsten Reinheits- und Nachhaltigkeitskriterien genügen, erhalten das Zertifikat für ein Jahr verliehen. Um das erste Biomineralwasser BioKristall wird derzeit vor dem Oberlandesgericht Nürnberg in zweiter Instanz ein Rechtsstreit geführt: Die Wettbewerbszentrale und der hinter ihr stehende VDM wollen verhindern, dass in Deutschland eine Kategorie "Biomineralwasser" entsteht; sie werfen dem Unternehmen vor, mit Selbstverständlichkeiten, u.a. der Reinheit, zu werben.
Bislang sind für Mineralwasser keine Mechanismen zugelassen, mit denen Pestizidmetabolite aus dem Wasser entfernt werden dürfen. Mittel- bis langfristig kann nur mit einem nachhaltig ökologischen Landbau erreicht werden, dass derartige Substanzen aus den Wasserkreisläufen und damit auch aus Mineral- und Trinkwasser wieder verschwinden. Bis dahin werden sich Hinweise wie Biosiegel etablieren, anhand derer Verbraucher natürlich unbelastetes Mineralwasser erkennen können.

Wasserreinheit und ökologischer Landbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Angesichts des flächendeckenden Auftretens der Pestizidmetabolite in Trink- und Mineralwasser und konstant hoher Nitratgehalte[1] wird immer deutlicher, dass nur flächendeckend praktizierter, ökologischer Landbau diese Verschmutzungsprobleme lösen kann. Der Verzicht auf künstliche Dünger, Herbizide und Pestizide vermeidet den Eintrag dieser Stoffe und ihrer Abbauprodukte ins Grundwasser und auch ins Mineralwasser. Durch den forcierten Anbau von Energie- und Futtermais kommt es außerdem zu einer zunehmenden Bodenverdichtung. Dadurch fließt Regenwasser verstärkt oberflächig ab und die natürliche Regeneration der Grundwasservorräte wird verringert. Ökologischer Landbau führt hingegen zu deutlich besseren und besser wasserspeichernden Strukturen im Boden.

Künstliche Süßstoffe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch künstliche Süßstoffe im Mineralwasser sind Hinweise für Einflüsse menschlichen Handelns auf Grundwasserschichten, verursacht durch Abwasser (z.B. über undichte Abwasserkanäle, Versickerung von mit Abwasser belasteten Oberflächengewässern, sowie durch Verdunstung). Künstliche Süßstoffe werden als Zuckerersatzstoffe in Lebensmitteln eingesetzt, mit der Nahrung aufgenommen und größtenteils unverändert wieder ausgeschieden und auch in Kläranlagen nicht abgebaut (v.a. Acesulfam).

Vorkommen und Grenzwerte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Lebensmittelüberwachung Baden-Württemberg stellte 2010 bei 214 untersuchten in- und ausländischen Mineralwässern in 27 Proben (12,2%) Süßstoffnachweise fest (Cyclamat und Acesulfam).[8] Für künstliche Süßstoffe in Mineralwasser gibt es - ebenso wie für Pestizidmetabolite - bislang noch keine verbindlichen Grenzwerte. Die baden-württembergischen Behörden haben jedoch bereits ein Verwaltungsverfahren eingeleitet und als Referenzwert den in der AVV aufgeführten Orientierungswert für Arzneimittel (0,05 μg/l) angegeben (da Süßstoffe wie Arzneimittel über das Abwasser ins Grundwasser gelangen). Das baden-württembergische Verbraucherschutzministerium schrieb 2009 entsprechend zur Relevanz derartiger Befunde für Mineralwasser: "Bei gesicherten Süßstoffgehalten über 0,05 μg/l bestehen begründete Zweifel an der ursprünglichen Reinheit eines Wassers und damit an seiner Mineralwassereigenschaft."[6]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Landesamt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg: Grundwasserüberwachungsprogramm 2010
  2. IWW Zentrum Wasser/Universität Duisburg-Essen, Vortrag zur Bewertung und Einschätzung von DMS-Metaboliten im Trinkwasser der Stadtwerke Elmshorn.
  3. Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen, LUA-Mitteilungen 1/2010, Seite 33.
  4. Allgemeine Verwaltungsvorschrift über die Anerkennung und Nutzung von natürlichem Mineralwasser (AVV, Anlage 1a)
  5. Ökotest Juli 2011 "Rein gar nichts"
  6. a b Ministerium für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz Baden-Württemberg, Jahresbericht 2009, Seite 57.
  7. Pressemitteilung des VDM vom 24. Juni 2011 zum Thema Metabolit-Grenzwerte
  8. Ministerium für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz Baden-Württemberg, Jahresbericht der Lebensmittelüberwachung in Baden-Württemberg 2010, Seite 58.