User:Wolfgang Glass

From Wikipedia, the free encyclopedia


Wolfgang Glass [Bearbeiten]

Eigen-Sinn & Sinnlichkeit: Unverkennbar „Glassiker“

Seine Venus residiert in Disneyland und hat nicht nur ausgewachsene Rundungen, sondern eben solche Hasenohren, die sich fröhlich gegen den rauen Wind der Zeit stellen. Mit dem überlebensgroßen Digital Print „Artemis“ schickt er die griechische Jägerin auf Pirsch in die schöne neue Pixel-Welt. Seine futuristischen Landschaften explodieren von Farben und Formen, weisen eher ins All als in die Alpen und sind ganz bestimmt nicht von dieser Welt.: In der Kunst-Welt von Wolfgang Glass ist unser Zeit- und Raumkontinuum aufgehoben.

Die Versatzstücke, Klischees und Mythen unserer Wirklichkeiten nutzt er in seinem Parallel-Universum für neue, phantastische Szenarios. Im Mittelpunkt vieler Bilder: der Stoff, aus dem die klar strukturierten Träume von Fantasy-Romanen und Comics sind. Der ewige Kampf zwischen Gut und Böse, Liebe und Hass, Leben und Tod wird bei Glass allerdings vielfach ironisch gebrochen, kommentiert, manchmal sogar karikiert. Übermalungen, Textmontagen, Kopien der Kopien machen Vertrautes fremd. Starke Heldinnen eilen auf Stöckelschuhen zur Rettung einer von Männern vergewaltigten Welt ... und geraten dabei manchmal auch ins Straucheln.

Der Einfluss von Pop-Art und die Liebe zu Comics sind unverkennbarer Hintergrund serieller Elemente in dieser Kunst. „Comics“, sagt Glass, „wabern und wuchern nicht, sie sind völlig exakt. Wozu Literaten Seiten brauchen, das beschreiben gute Comiczeichner mit einem einzigen Bild. Sie übersetzen Geist in Körperlichkeit. Sie suchen nach neuen Ideen und setzen sie mit neuen Materialien um.“

In den Comics sind die starken Frauen seit geraumer Zeit auf dem Vormarsch, bei Glass sind sie längst am Ziel angekommen: Weibliche Formen dominieren auf seinen Bildern. „Für mich“, stellt er fest, „sind sie Zeichen der Ästhetik und Sinnlichkeit, Offenheit und Entwicklung, der Flexibilität und Eigenwilligkeit in unserer Kultur und Umwelt. Und der Hoffnung auf eine befriedete und befreite Welt.“

Aus dem Spannungsfeld zwischen Umwelt und eigenen Gefühlen („Was ich liebe und mache, ist wie ein Tagebuch“) entstehen Bilder voller Spontaneität und Energie in intensiver Farbgebung. Oder auch Schwarz-Weiß--Skizzen, bei denen flüssiges Latex kopierte Klischees verfremdet. Die Linienführung ist oft nur angedeutet, mit ebenso sicherem wie schnellem Strich.

„Der Pinsel ist breiter geworden“ Glass arbeitet mit unterschiedlichsten Materialien, Farben, Formen und Formaten, verwendet dabei vielfach auch architektonische Elemente. Was sich in den letzten Jahren verändert hat, ist vor allem die Entwicklung von der graphischen Darstellung zur Malerei. „Ich bin malerischer geworden“, sagt er. „Dem Stift folgte mehr und mehr der breitere Pinsel. Und auf die blaue Phase eine Konzentration auf Farbtöne im Bereich von Orange, Gelb und Rot – mehr Licht, frei nach Goethe.“ Statt Graphik mehr Flächigkeit, die noch kräftiger, strahlender und lebendiger geworden ist.

Dennoch hat er die „Mixed Media“-Technik beibehalten, nutzt sowohl plastische Materialien als auch durch Computer verfremdete Fotos und andere Möglichkeiten der neuen Medien. Das gibt ihm die Chance, „Dinge, die ich in meiner Umgebung sehe und erfahre, schnell in Bildersprache umzusetzen.“

Oft entpuppen sich Abstraktionen, die von weitem ans Informel erinnern, beim näheren Hinsehen als Kompositionen, die, sparsamst angedeutet, höchst komplexe Geschichten erzählen können. Etwa „Raven“ (Acryl auf Leinwand), dessen rötlich-gelbe Farbexplosionen durch fließende dunkle Konturen konterkariert werden. Wie schützende – oder bedrohliche? – Schwingen breiten sie sich über die imaginäre Bildlandschaft aus.

Der Pinsel, als Schwert betrachtet Biegsamkeit, Bewegung, Beherrschung und Kraft strömen aus diesen Bildern, als führe der Maler nicht den Pinsel, sondern das Schwert des Samurai. Kein Zufall: Glass, der sich seit Jahren in der japanischen Verteidigungskunst des Aikido übt, hält mehr von der Kraft der Selbstdisziplin als von Klagen, mehr von Tapferkeit als von Tränendrüsen, mehr von Lösungen als von Larmoyanz. Ganz allgemein - und erst recht in der Kunst.

Wenn der Samurai der Formen und Farben gegen den „flächendeckenden Stumpfsinn mancher Politiker“ und das „hirnlose Geschwafel vieler Museumsdiener“ ins Feld zieht, dann wird er - Humor hin oder her - zum Rebell. Und streitet gegen die „Onanie in der Kunstwelt, die Scharlatanerie vieler Ordensträger der Kunst-Aristokratie, die Banalität, Denkfaulheit, Einfallslosigkeit, Albernheit und bemühte Kindlichkeit gegenwärtiger Kunst“, in der - frei nach Glass - „die Ästhetik von Strichmännchen, kastrierten Reichsadlern oder entmenschlichter Sexualität als eindrucksvollstes Zeitzeichen gehandelt wird.“ - „Die Pisa-Studie für Künstlerinnen und Künstler steht meiner Meinung nach noch aus!“

Gegen diese „gesteuerten Trends“, dieses „Surrogat für Ideen“ setzt er die eigene Suche nach neuen Entwicklungen, die das „Prinzip Hoffnung“ in sich tragen: „Dieser Nachholbedarf, Tabus zu brechen, beeindruckt mich überhaupt nicht. Als freier Mensch habe ich keine. Ich denke nach vorn, in die Zukunft. An neue Forschungen und Strukturen auf unserem Planeten. Ans Weltall. An Utopien und daran, wie die Menschen werden müssten, um solche Utopien einzulösen. Denn die wenigsten Menschen gewinnen aus ihrem Wissen irgendeine Art von Erkenntnis.“

Und der frühere Schlagzeuger und Hard-Rocker zitiert aus einem alten Text der Gruppe „Novalis“ , der sein Lebensgefühl „optimal zusammenfasst“: Wer Schmetterlinge lachen hört, der weiß, wie Wolken schmecken, der wird im Mondschein, ungestört von Furcht, die Nacht entdecken. Der wird zur Pflanze, wenn er will, zum Tier, zum Narr, zum Weisen und kann in einer Stunde durchs ganze Weltall reisen.“

Begleitet vom Lachen der Schmetterlinge, ist für Glass auch das Malen Erkenntnis, ein Akt, bei dem er aus allen Quellen schöpft. Ohne Seitenblick auf die Ver- marktung. Dennoch ist der Einzelkämpfer, Jahrgang 1957, mit rund 100 Ausstellungen im In- und Ausland und vielen Verkäufen an große Firmen und Sammler in den letzten zwanzig Jahren weit in die Kunst-Welt vorgedrungen. Und schafft mit Eigen-Sinn und Sinnlichkeit weitere „Glassiker“.

Usch Kiausch, M.A., Publizistin, Neustadt/Weinstraße, im Sommer 2004


Können ist niemals einfach


Über Kunst, Künstler und Wahrnehmung spricht der Vorsitzende des Neustadter Kunstvereins, Wolfgang Glass.

„Die Kunst ist im Künstler“, sagt Wolfgang Glass, Vorsitzender des Neustadter Kunstvereins. Sie sei Ausdruck einer Leidenschaft, einer Obsession, einer Idee. Er sitzt in seiner Küche, von der er auf den Innenhof blicken kann. Mediterranes Ambiente in der Neustadter Hintergasse – auch im Winter. Glass ist ein Künstler ohne Berührungsängste. Sein Atelier ist offen. Die Menschen betrachten seine Werke ohne museale Schüchternheit. Überall finden sich seine Kunstwerke, die er an den Wänden bereits voreinander stapelt. In edlen Rahmen gespannt oder mannshoch auf Leinwand die pure Wirkung. Alle seine Werke – auch die bereits verkauften – leben in Fotografien und digitalen Plots weiter. Sie dokumentieren seinen Werdegang, seine Entwicklung in der Idee und der Kunst.

Kunst entstehe erst durch die Umsetzung einer Wahrnehmung. Doch leider, so Glass, seien so manche Produktionen von selbst ernannten Künstlern auf Reproduktion bereits vorhandener Werke, Richtungen und Stilmittel reduziert. Keine Idee, keine Botschaft würde das mit vielleicht handwerklichem Geschick entstandene Bild erhellen oder interessant erscheinen lassen. Schwierig sei das Schaffen von wirklich Neuem. „Künstler sind nicht mehr die Avantgarde. Kaum findet man Originalität. Sie musste der Banalität weichen“, bedauert er. Die Definition des guten Geschmacks sei von der Masse an eine monetäre Elite delegiert worden. Diese habe nun zu befinden, was „Kunst“ sei, so der Vorsitzende. „Namen werden berühmt gemacht. Und damit scheint der Träger jenes Namens der Pflicht enthoben, sich um die Kunst zu bemühen.“ Nicht selten werde ein Markt bedient, und wenn es nur der eigene ist: scheinbar etwas „Sinnvolles“ mit seinem Leben angefangen zu haben. Selbstreflektion sei ein unabdingbares Muss, um eine Wahrnehmung benennen und umsetzen zu können. Diese habe nichts mit dem Zerreden von Befindlichkeiten mancher Menschen zu tun, sagt Glass. „Ich kann auch nicht ständig darüber philosophieren, welch guter Mensch ich bin, wenn ich niemals jemandem geholfen habe.“

Mit einem Eintauchen in neue Universen, die sich dem Künstler während der Umsetzung eröffnen, beschreibt Glass den Schaffungsprozess, der ein „Schöpfen aus dem Inneren“ sei. Zeit, Raum und Mühe spielten keine Rolle. Es zähle lediglich die Kraft der entstandenen Kunst, das Gefühl, die Botschaft zu tragen. „Manchmal reicht ein einfacher Strich, der drei Lagen Farbe ersetzen kann“, so Glass. Das Einfache erfordere oft höheres handwerkliches Können als das Aufbieten großen Einsatzes von Körper und Material. Glass zieht den Vergleich zur asiatischen Kampfkunst Aikido heran: eine scheinbar einfache Handbewegung erziele in der fraglichen Sekunde große Wirkung, wenn sie durch jahrelanges Üben zu einem perfekten Bewegungsablauf geworden sei. Können sei niemals einfach, so Glass. Die Entwicklung zum Künstler sei ein Suchen nach der richtigen Technik und Fertigkeit. „Schaffende, die sich bei der Umsetzung langweilen und nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten suchen, haben die Verbindung noch nicht herstellen und ihrem Werk noch kein Leben einhauchen können.“ Und dieses besagte Leben muss noch nach Jahren in den Werken erkennbar sein. „Vielleicht können Generationen nach uns erst spüren, wer wir wirklich waren, wenn sie unsere Kunst betrachten.“

Doch generell kann Kunst auch ohne Betrachter auskommen, wenn sie, wie eingangs erwähnt, im Künstler entsteht. Jedoch ziele, so Glass, die Kunst auf eine Gesellschaft, die in der Lage sei, die Botschaft einzulösen. Nicht abgehandelte Themen dieser Gesellschaft und ihres Zeitgeistes würden in der Kunst als Informationsträger transportiert, so Glass. Sie berühre den Liebhaber, der sich auf diese einlasse könne, der die Emotionen des Bildes zulasse. „Bilder mit erotisierender Wirkung stoßen bei denjenigen auf Ablehnung, die Angst vor eben jener Wirkung haben. Männern wird der Kauf eines Bildes, das den Körper einer Frau zeigt, häufig versagt. Frauen haben es da leichter.“ Schönheit werde ständig angegriffen und in Frage gestellt. Doch Schönheit sei der Grund, warum die Welt weiter existiere. „Die schönen Momente erhöhen die Seele und treiben uns an.“

Bestehen in der derzeitigen Form. Große Aktivitäten sind jedoch mangels finanzieller Mittel zurzeit nicht in Planung. Glass: „Vielleicht werden wir im Spätjahr eine Ausstellung und einen Katalog initiieren, doch mal sehen…“


Ira Schreck Chili Das magazin Interview mit Wolfgang Glass 2005

Glassworks [Bearbeiten]

Meine sehr geehrten Damen und Herren, willkommen in der Welt des Wolfgang Glass, einer Welt des Wandelbaren, Heroischen, des lustvollen Strebens nach Selbstbestimmtheit und Freiheit, die für den Künstler in erster Linie eine Welt der Weiblichkeit, Erotik und Imagination ist. In dem kurzen Film, den wir gerade gesehen haben, durften wir eine der Lieblings-Comic-Figuren von Wolfgang Glass kennenlernen, wie sie sich in enges Latex gehüllt durch die Welt kämpft: Catwoman, vor ihrer Erweckung eine eher unauffällige Sekretärin, mutiert zur geheimnisvollen, düster-erotischen Katzenfrau, ausgestattet mit neun Leben, die dem anderen Helden dieses Comic-Strips, Batman, künftig vor größere Probleme stellt. Dieser Figur, meine Damen und Herren, hat Wolfgang Glass einen Teil seines künstlerischen Schaffens gewidmet, der in dem kleinen Raum nebenan ausgestellt ist. Inwiefern aber, so werden Sie sich vielleicht fragen, kann eine solche Figur der Pop-Kultur künstlerisch ergiebig sein? Die Antwort, die Wolfgang Glass darauf wohl geben würde, ist die, dass Catwoman, wie andere Comic-Heldinnen auch, mit ihren fiktionalen Eigenschaften und Fähigkeiten Lebensprinzipien verfolgt, die der Künstler für wertvoll erachtet und daher immer wieder in seiner Kunst thematisiert. Wichtigstes dieser Prinzipien ist die Befreiung des einzelnen, und zwar eine Befreiung nicht etwa aus dem Zwang der gesellschaftlichen Konventionen, sondern aus der Enge der eigenen Defizitarität.

Menschen, die sich in Rechtfertigungen über ihre Person, ihre Entscheidungen und ihre Verhaltensweisen ergehen, wirken, wie die Frau in dem Bild „Well you are wrong“ geradezu hilflos getrieben von dem Versuch, sich der Umwelt zu erklären. Im Bestreben zu verdeutlichen, warum sie mehr ist als ihr Gegenüber zu vermuten mag, verliert sich die Figur in einem nicht enden wollenden Sprechakt. Ihr Monolog endet im sinnentleerten und beliebigen „Bla Bla“. Damit wird deutlich, dass sie sich nicht so sehr an ihren Gesprächspartner wendet, der im Übrigen im Bild auch gar nicht zu sehen ist, sondern die Worte, im inneren Dialog verhaftet, an sich selbst richtet. Wenn es dem Menschen also schlecht geht, er sich gefangen und missverstanden fühlt, ist dies nicht so sehr Resultat eines Konflikts zwischen Individuum und Gesellschaft, sondern das Ergebnis einer Disharmonie innerhalb des Individuums selbst. Befreiung wird so zu einer Frage der Selbsterkenntnis. Wie aber gelangt der Mensch in der Ansicht des Künstlers und seiner Kunst zu dieser seit den Tagen des Tempels von Delphi geforderten Selbsterkenntnis? Sicherlich nicht, so würde Glass mit Friedrich Nietzsche sagen, auf dem Weg der selbstquälerisch-pietistischen Gesinnungsselbsterforschung: „Es ist eine dunkle und verhüllte Sache“, so Nietzsche, „und wenn der Hase sieben Häute hat, so kann der Mensch sich sieben mal siebzig abziehen und wird doch nicht sagen können: ‚das bist du nun wirklich, das ist nicht mehr Schale.‘ Zudem ist es ein quälerisch gefährliches Beginnen, sich selbst derartig anzugraben und in den Schacht seines Wesens auf dem nächsten Weg gewaltsam hinabzusteigen. Wie leicht beschädigt er sich dabei so, dass kein Arzt ihn heilen kann. Und überdies: wozu wäre es nötig, wenn doch Alles Zeugnis von unserem Wesen ablegt, unsere Freund- und Feindschaften, unser Blick und Händedruck, unser Gedächtnis und das, was wir vergessen, unsere Bücher und die Züge unserer Feder.“ Soweit Nietzsche. Die Ästhetik der eigenen Erscheinung ist es also, die Zeugnis von uns ablegt. Äußeres und Inneres verhalten sich reziprok zueinander und können sich daher gegenseitig formen. Wenn Catwoman also ihr Latex überstreift, bleibt dies nicht bloße Kostümierung, sie wird dadurch jemand anderes. Sie vollzieht eine Metamorphose, die ihr eigenstes Inneres betrifft. Ändern kann sich der Mensch also nicht, wenn er in passiver Introspektion verharrt, sondern indem er sich als ästhetisches Projekt begreift. Bei Wolfgang Glass fällt damit zusammen, was in der abendländischen Tradition stets säuberlich getrennt wurde: gestaltendes Subjekt und gestaltetes Objekt. Der Mensch wird hier gleichsam zum Prometheus seiner selbst. Indem die Kunst von Wolfgang Glass den Menschen dazu auffordert, sein Wesen zu entwerfen und im Lebensprozess Form werden zu lassen, ist sie existentialistisch im eigentlichen Sinne des Wortes, wie Jean-Paul Sartre ihn in seiner - nicht zufällig an Nietzsche orientierten - Philosophie entfaltet hat. Dieser Prozess der permanenten Neu- und Umgestaltung, für die Wolfgang Glass in seiner Kunst so expressiv plädiert, kann durchaus schmerzhaft, aber auch ausgesprochen lustvoll sein. Er erfordert Mut bis hin zum Heroismus, der sich aber letztlich doch immer in der puren Lebenslust auflöst. „Fasse Mut“, so scheint Wolfgang Glass in seinen Bildern dem Betrachter zuzurufen, „create yourself!“

Sandra Cohnen Neustadt