Ghost in the Shell (Anime)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 1. März 2020 um 20:10 Uhr durch Weapon X (Diskussion | Beiträge) (HC: Entferne Kategorie:Comicverfilmung; Ergänze Kategorie:Mangaverfilmung). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Vorlage:Infobox Anime-Film

Der Film Ghost in the Shell (japanisch 攻殻機動隊, Kōkaku Kidōtai) von Mamoru Oshii aus dem Jahr 1995 gilt als einer der klassischen Science-Fiction-Anime und trug zur zunehmenden internationalen Popularität von Animes bei. Er basiert auf dem gleichnamigen Manga Ghost in the Shell von Masamune Shirow.

Handlung

Im Jahr 2029 haben viele Menschen Teile ihres Körpers durch künstliche Bestandteile ersetzen lassen, wurden also zu Cyborgs, um so bestimmte Fähigkeiten zu verbessern oder sich neue anzueignen. Sogar das Gehirn lässt sich teilweise durch ein sogenanntes Cyberbrain ersetzen. Verpackt in einer Biokapsel, der Shell, stecken in jedem Cyborg menschliche Gehirnzellen mit dem Geist (Ghost), der die Identität und Persönlichkeit enthält. Umso bedrohlicher ist das Auftauchen eines unbekannten Hackers, genannt Puppet Master (zu dt. Puppenspieler), der die Sicherheitsbarrieren der Shell überwinden und die Cyborgs kontrollieren kann. Seine Opfer werden mit falschen Erinnerungen manipuliert, verlieren ihre Identität und begehen Verbrechen für den Puppet Master oder seine Auftraggeber.

Nachdem er verschiedene Staatsbeamte unter seine Kontrolle gebracht hat und mit ihnen die Politik manipuliert, wird die geheime, für Cyberkriminalität zuständige Sektion 9 des Innenministeriums mit der Suche nach dem Puppet Master beauftragt. Doch die gefassten Personen haben keine Erinnerungen an ihre Taten. Major Motoko Kusanagi, die für die Sektion 9 arbeitet und einen fast vollständig künstlichen Körper besitzt, ist auch persönlich bedroht: Ihr künstlicher Körper verleiht ihr übermenschliche Kräfte, macht sie aber gleichzeitig abhängig von der Technik und zu einem potenziellen Ziel für Manipulationen des Puppet Masters. Als menschlicher Wesenskern ist ihr nur ihr Ghost verblieben. Oft denkt sie darüber nach, ob sie überhaupt noch ein Mensch oder nur ein künstliches Wesen mit einem künstlichen Bewusstsein ist.

Wie sich im Zuge der Ermittlungen herausstellt, ist der Puppet Master ein Ghost, der aus unerklärlichen Gründen aus dem Netzwerk selbst entstanden zu sein scheint. Er besitzt kein organisches Gehirn in einer Shell oder in einem bestimmten Körper. Dieses Wesen wird schließlich von der Sektion 9 in einem durch einen Unfall beschädigten weiblichen Cyborg-Körper aufgespürt. Der so verkörperte Puppet Master beantragt politisches Asyl bei Sektion 9. Der Körper wird aber kurz darauf von Sektion 6 entführt. Diese hatte die Software erschaffen, aus der der Puppet Master entstanden war, um damit Hackerangriffe auszuführen. Kusanagi befreit den Puppet Master, auch, weil sie an ihm aufgrund ihrer eigenen Identitätskrise interessiert ist. Er offenbart ihr, dass er durch seine Verbrechen versucht hatte, die Sektion 9 und Kusanagi auf sich aufmerksam zu machen. Sein Wunsch ist es, seinen Ghost mit jenem von Kusanagi zu verschmelzen, um zu erlangen, was ihm zum Leben fehlt. In einer solchen Verschmelzung sieht er eine Möglichkeit der Erneuerung des Lebens, eine Alternative zur biologischen Fortpflanzung, wie sie ihm und auch Cyborgs wie Kusanagi nicht möglich ist.

Letztendlich findet Kusanagi wohl eine Antwort auf ihre Existenzfrage und auf den Wunsch des Puppet Masters und beide verschmelzen miteinander. Als neues Wesen wird sie, nachdem ihre alten Shells bei dem Befreiungsversuch zerstört wurden, von ihrem Kollegen und Vertrauten Batou im Cyborgkörper eines jungen Mädchens reaktiviert. Sie erklärt Batou, was passiert ist, dankt ihm und beginnt ein neues Leben als Neugeborene.

Konzeption

Motoko Kusanagis Antwort bleibt dem Zuschauer verborgen, dennoch gibt es einen deutlichen Hinweis darauf. Am Ende zitiert sie das Hohelied der Liebe:

„Als ich ein Kind war, waren meine Gedanken und Gefühle die eines Kindes. Jetzt bin ich erwachsen geworden und kindliche Weisen sind mir fern. Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.“

1. Brief des Paulus an die Korinther 13:11-12[1]

In der neuen deutschen Synchronisation wurden diese Zeilen leicht abgeändert.[2]

Produktion

Der Film wurde 1995 unter der Regie von Mamoru Oshii im Studio Production I.G produziert. Produktionsfirma war außerdem Bandai Visual, die Umsetzung fand unter anderem auch durch Tezuka Production und Tōei statt. Das Drehbuch schrieb Kazunori Ito nach dem Manga von Masamune Shirow. Hiroyuki Okiura entwarf das Charakterdesign und die künstlerische Leitung hatte Hiromasa Ogura inne.

Veröffentlichung

Ghost in the Shell kam am 18. November 1995 in die japanischen Kinos. Bandai Channel strahlte den Film im japanischen Fernsehen aus. Der Anime wurde unter anderem in Großbritannien, den USA, Spanien und Frankreich im Kino gezeigt und wurde 1996 auf den Filmfestspielen von Venedig vorgeführt.

Rapid Eye Movies veröffentlichte den Film am 15. November 1996 auf Deutsch auf VHS-Kassette, am 7. Januar 2005 wurde Ghost in the Shell von arte erstmals im deutschen Fernsehen gezeigt. Am 1. August 2005 wurde der Film von Panini Video auf DVD veröffentlicht.[3]

Ende Dezember 2014 erschien eine 25-Jahre Jubiläumsedition des Films auf DVD und erstmals auch auf Blu-ray auf deutsch vom Studio Nipponart. Auf dieser Edition ist die alte sowie neue Synchronisation anwählbar als auch ein Booklet und Making-of enthalten.

Synchronisation

Die erste deutsche Synchronfassung von Ghost in the Shell wurde von der Splendid Synchron GmbH aus Köln für die Veröffentlichung auf VHS-Kassette erstellt.[4] Für die DVD-Veröffentlichung des Films wurde vom Berliner Synchronstudio Hermes Synchron GmbH eine neue Übersetzung angefertigt. Bei dieser schrieb Claudia Urbschat-Mingues das Dialogbuch, und Andreas Pollak führte die Dialogregie.[5] Hierfür wurden dieselben Sprecher eingesetzt, die später auch für die Fernsehserie Ghost in the Shell: Stand Alone Complex verpflichtet wurden.[6]

Rolle Japanische Sprecher
(Seiyū)
Deutsche Sprecher
(Alte Synchronisation)
Deutsche Sprecher
(Neue Synchronisation)
Motoko Kusanagi Atsuko Tanaka Luise Charlotte Brings Christin Marquitan
Batou Akio Ōtsuka Volker Wolf Tilo Schmitz
Togusa Kōichi Yamadera Gregor Höppner Klaus-Peter Grap
Aramaki Tamio Ōki Hans-Gerd Kilbinger Hasso Zorn
Ishikawa Yutaka Nakano Volker Wolf Erich Räuker
Puppet Master Iemasa Kayumi Renier Baaken Detlef Bierstedt

Musik

Die Filmmusik wurde von Kenji Kawai komponiert. Das Hauptthema des Films ist ein choraler Gesang (, utai) in drei Teilen – Making of Cyborg, Ghost City und Reincarnation – das im Kontrast zum Science-Fiction-Thema des Films steht. Zum einen verwendet dieses eine Melodie basierend auf traditionellen japanischen Volksliedern (民謡, min’yō) ergänzt mit Einflüssen aus der bulgarischen Volksmusik, da die traditionelle japanische Musik keine Choräle kennt,[7] und wird von der Min’yō-Sängerinnengruppe Nishida Kazue Shachū gesungen.[8] Zum anderen ist der Liedtext, der für alle drei Teile derselbe ist, in Altjapanisch gehalten wie in der Gedichtanthologie Man’yōshū aus dem 8. Jahrhundert erhalten und ist trotz der (teilweise futuristischen) Titel dem Text nach ein Hochzeitslied.[9] Der Soundtrack erschien am 22. November 1995 in Japan auf CD.

Das Stück wurde von dem deutschen Drum-and-Bass-Musiker Makai in „Beneath The Mask“ gesamplet und erschien bei dem Label Precision Breakbeat Research. Auch Deadmau5 und Klangkarussell nutzten das Sample in „Intelsat“ und „Sternenkinder“.

Der erste Gesang Making of Cyborg wird dabei im Vorspann verwendet, der zweite Ghost City innerhalb des eigentlichen Films und der dritte im Abspann Reincarnation. In der internationalen Filmversion wurde der Abspanntitel durch One Minute Warning von „The Passengers“, d. h. die Rockband U2 und Brian Eno, ersetzt. In der neuen deutschen Synchronfassung wurde stattdessen wieder das japanische Lied verwendet.

Rezeption

Kritiken und Analysen

Patrick Drazen bezeichnet Ghost in the Shell als „bahnbrechenden Film“[10], als thematische Weiterführung von Appleseed, einem anderen Werk Oshiis, und als Reaktion auf die Krise der japanischen Wirtschaft und Politik zu Beginn der 1990er. Auch die zu dieser Zeit auftretenden Sekten wie Aum Shinrikyo hätten einen Einfluss auf den Film gehabt. Im Film bringe besonders die Szene auf dem Boot und die darauf folgende Fahrt durch die Kanäle der Stadt die Frage nach der Identität auf den Punkt. Dabei sieht Drazen den Film einerseits in der Tradition des Themas menschenähnlicher Maschinen, wie zum Beispiel in der Geschichte Konjaku Monogatari aus dem 12. Jahrhundert. Andererseits setze sich Ghost in the Shell gerade dadurch ab, dass die Maschinen, im Gegensatz zu früheren Geschichten, kaum mehr vom Menschen zu unterscheiden sind. Die Antwort auf ihre Fragen finde Kusanagi in einer „Cyborg-Version von Sex“, indem sie sich mit dem Puppet Master vereint und ein neues Wesen erschafft, das ins World Wide Web geboren wird. Den popkulturellen Beweis für ihre Menschlichkeit werde dem Zuschauer am Ende der Szene mit dem Puppet Master durch ihre Tränen gezeigt.[11]

Daniel Kothenschulte bezeichnet den Film, neben Akira, als einen der „Türöffner“ des Animes im Westen.[12]

Nach dem Lexikon des internationalen Films ist der Film von „philosophischen Fragen nach dem Sinn der Existenz in einer zusehends virtuellen Welt“ geprägt und „besticht durch stilistische Konsequenz und meditativen Erzählrhythmus“.

Ghost in the Shell erhielt 1997 den International Fantasy Film Award - Special Mention auf dem internationalen Filmfestival Fantasporto.

Einfluss auf die Popkultur

Die Geschichte von Motoko Kusanagi und ihrer Jagd nach dem Puppet Master hat das Genre des Science-Fiction-Films maßgeblich beeinflusst. So bezeichnen sich die Wachowski-Geschwister, die Schöpfer der Matrix-Trilogie, ausdrücklich als Ghost-in-the-Shell-Fans und griffen im ersten Matrix-Teil viele Elemente aus Ghost in the Shell wieder auf.[13] Auch US-Regisseur James Cameron war von dem Film begeistert. Auch auf I, Robot hatte Ghost in the Shell, besonders der zweite Teil, großen Einfluss.

Das Musikvideo „King of My Castle“ von Wamdue Project besteht aus Sequenzen des Films Ghost in the Shell. Im Musikvideo „Zen Concrete“ werden von Sly & Robbie ebenfalls Sequenzen des Films verwendet.

Remastering

Ein Remastering des Films wurde unter dem Titel Ghost in the Shell 2.0 im Jahr 2008 veröffentlicht.

Für den Film wurde ein Großteil der Animationen als CGI digital neu erstellt oder aufgewertet. Ebenfalls wurde der Soundtrack von Kenji Kawai auf 6.1 Kanäle neu gemischt und die Tonkulisse der von Ghost in the Shell 2: Innocence angepasst. In diesem Zuge erhielt auch die japanischen Version eine neue Synchronisation.

Der Film wurde am 12. Juli 2008 in Japan in ausgewählten Kinos von fünf Städten veröffentlicht und erschien dort am 19. Dezember 2008 auf DVD und Blu-ray; in Deutschland erschien der Film Ende Januar 2015 auf DVD und Blu-ray vom Studio Nipponart.

Realverfilmung

Regisseur und Produzent Steven Spielberg hatte sich im Jahr 2008 die Rechte für einen Kinofilm lizenziert. Dieser wurde neun Jahre später als Ghost in the Shell (2017) mit Hauptdarstellerin Scarlett Johansson unter der Regie von Rupert Sanders veröffentlicht.

Literatur

  • Brian Ruh: Ghost in the Shell (1995). In: Stray Dog of Anime. The Films of Mamoru Oshii. Palgrave Macmillan, New York 2004, S. 119–140. ISBN 1-4039-6334-7
  • Thomas Schnellbächer: Mensch und Gesellschaft in Oshii Mamorus Ghost in the Shell – Technische Spielerei oder engagierte Zukunftsvisionen? In: Nachrichten der Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens / Hamburg, Jg. 77, Nr. 1, 2007, S. 69–96.
  • Susan J. Napier: Anime from Akira to Princess Mononoke. Experiencing Contemporary Japanese Animation. Palgrave, 2001. (englisch)
  • Patrick Drazen: Anime Explosion! - The What? Why? & Wow! of Japanese Animation. Stone Bridge Press, 2003. (englisch)
  • David Werner: Japanische Comics in der deutschen Kinder- und Jugendkultur. Die Präsenz, der Einfluss und die pädagogischen Qualitäten von Anime und Manga. Masterarbeit, Universität Bielefeld, Fakultät für Pädagogik, 2007.
  • Ulrich Janus, Ludwig Janus: Ghost in the Shell – Der Individuationsprozess im japanischen Mangafilm. In: Blade Runner, Matrix und Avatare. Psychoanalytische Betrachtungen virtueller Wesen und Welten im Film, Springer, Berlin / Heidelberg 2013, S. 163–176, ISBN 978-3642256240 (Buch), ISBN 978-3-642-25625-7 (PDF).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. z.B. Alexander D. Ornella: Das vernetzte Subjekt. Eine theologische Annäherung an das Verständnis von Subjektivität unter den Bedingungen der Informations- und Kommunikationstechnologien, Münster, Lit 2010, S. 168.
  2. "In der Kindheit sind auch die Worte kindlich; ist das Denken kindlich, sind die Ansichten kindlich. Doch wird man erwachsen, wirft man das Kindliche ab." 42 min. zuvor wird formuliert: "Als blickten wir in einen Spiegel, bleibt das, was wir sehen, verschwommen."
  3. Filmdaten von Ghost in the Shell. Online-Filmdatenbank, abgerufen am 16. September 2010.
  4. Filmdaten von Ghost in the Shell. Anime News Network, abgerufen am 27. September 2010 (englisch).
  5. Deutsche Synchronkartei: Deutsche Synchronkartei | Filme | Ghost in the Shell. Abgerufen am 6. März 2018.
  6. Review von Ghost in the Shell – Ultimate Edition. Anime auf DVD, abgerufen am 16. September 2010.
  7. Sound Current: 'Kenji Kawai - Game and Anime Intersections'. In: Game Set Watch. 24. Februar 2010, abgerufen am 21. September 2014 (englisch).
  8. コンサート情報. In: Cinema Symphony. Abgerufen am 21. September 2014 (japanisch).
  9. 樋口沙絵子のオールナイトニッポン「攻殻機動隊スペシャル」. Abgerufen am 21. September 2014 (japanisch, Abschrift eines Radiointerviews mit Kenji Kawai).
  10. Drazen, 2003, S. 334
  11. Drazen, 2003, S. 338–341
  12. Deutsches Filminstitut - DIF / Deutsches Filmmuseum & Museum für angewandte Kunst (Hg.): ga-netchû! Das Manga Anime Syndrom. S. 50
  13. Chat with the Wachowski Brothers, November 6, 1999